Internet Der Dinge

Gastbeitrag von Dr. Robert Redweik. Er ist Dozent an der LMU, Entrepreneur und Musiker. (www.redweik.com / http://www.entrepreneurship-center.uni-muenchen.de/ueber_das_center/team/mitarbeiter/robert_redweik/index.html )

Das Internet der Dinge – alles ist vernetzt, aber wann?

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) ist abstrakt formuliert die Verknüpfung eindeutig identifizierbarer physischer Objekte (things) mit einer virtuellen Repräsentation in einer Internet-ähnlichen Struktur.

Praktisch gesprochen und zu Ende gedacht könnte also jedes Objekt in einem weltweiten Netzwerk mit jedem anderen Objekt verbunden sein (Paket, Kühlschrank, Auto, Lampe, Maschinen, Menschen…) – Informationen können abgerufen werden und situationsbezogen können Objekte darauf reagieren. So sollen Smart Meter das herkömmliche Thermostat ersetzen. Über das Internet ruft das Smart Meter z.B. Wetterdaten ab, weiß den Standort der Hausbewohner, wann sie aufstehen und nach Hause kommen und regelt eigenständig das häusliche Klima. Auch das Licht, Türschlösser und Fenster kommunizieren miteinander und machen im Optimalfalle das Leben leichter und sparen Ressourcen. Der Nutzer kann über sein Smartphone nachkontrollieren, was gerade im Haus passiert und notfalls von überall auf der Welt eingreifen. Das ist nur eines von vielen Praxisszenarien für das IoT. Aber wie weit sind wir davon entfernt? Was gibt es schon und was fehlt noch?

Die Treiber des IoT liegen in den Weiterentwicklungen der Sensorik, des Taggings (NFC, RFID), des Internets (IPv6 Standard), mobiler und location based Services, der Informationsverarbeitungskapazität von Netzwerken (Machine-to-Machine Communication) und ferner Entwicklungen in den Materialwissenschaften (Batterielebenszeiten, alternative Stromversorgung und auch Nanotechnologie).

Als große Anwendungsfelder für das IoT sind zu nennen:

  • Smart Logistics: Waren-, Container-, Paketverfolgung

  • Smart Grid: Steuerung von Energiesystemen und Stromnetzen

  • Smart Home: Gas, Heizung, Strom, Beleuchtung, Sicherheit, Komfort, Nachbestellung von Verbrauchsartikeln und Lebensmitteln

  • Smart Traffic: Automobilbereich (z.B. kilometerabhängige KFZ-Versicherung, Fahrstilüberwachung, Radarfallen,..)

  • Ambient Assisted Living/ Gesundheitstelematik: : Unterstützung für ältere und behinderte Menschen, Überwachung von Patienten, Tracking von Kindern, Tieren, dementen Patienten

Derzeit bilden sich in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zunehmend Interessensverbände und Konsortien (www.iofthings.org, www.autoidlabs.org, www.plattform-i40.de). Große Unternehmen wappnen sich für das IoT und Start-ups versuchen sich in Nischen, aber auch breiteren Marktsegmenten.

Einen guten Überblick im Bereich aktueller Unternehmen im IoT bietet folgende Grafik:

Quelle: http://tctechcrunch2011.files.wordpress.com/2013/05/internetofthings2.jpg

Die Unternehmen im Bereich „Home Automation“ und „Energy Efficiency“ wurden eingehender beleuchtet. Es handelt sich vorwiegend um sehr junge Unternehmen, z.T. durch Kickstarter oder Venture Capital finanziert, manche davon noch in der Produktentwicklung befindlich. Anhand einfacher Faktoren lassen sich die Unternehmen wie folgt gegenüberstellen:

das-internet-der-dinge-21

Überblick Unternehmen „Home Automation“, Quelle: eigene Recherche und Darstellung

das-internet-der-dinge-3

Überblick Unternehmen „Energy Efficiency“, Quelle: eigene Recherche und Darstellung

Bei den betrachteten Unternehmen ist auffällig, dass gerade einige sehr junge Unternehmen noch „Insellösungen“ anbieten. Viele dieser Unternehmen hatten allerdings Probleme bei der Finanzierung (z.B. über Kickstarter). Der Trend geht sinnvollerweise hin zu offenen Systemen (z.B. www.lifx.co, www.electricimp.com) und Multisystemlösungen, bei denen Geräte verschiedener Hersteller eingebunden werden können (www.micasaverde.com, www.revolv.com). Hier sind die zum Anfang des Artikels skizzierten Szenarien schon möglich: Statt des bisherigen Thermostats wird ein Smart Meter angeschlossen, Smart Plugs für Haushaltsgeräte, ergänzend auch Smart Locks für Türen und Fenster sowie Kamerasysteme. Der Nutzer kann dann über eine App sein Haus von überall beobachten, den Ressourcenverbrauch (Strom, Gas) nachvollziehen, sowie orts- und situationsbezogene Szenarien (Licht und Heizung auf dem Weg nach Hause starten, Urlaubsbeleuchtung, Überwachung der Hausbar wenn die Kinder alleine sind) programmieren. Einige der Systeme sollen durch das Verhalten der Hausbewohner über die Zeit auch mitlernen und eigenständig den Ressourcenverbrauch optimieren. Insgesamt ist von Strom- und Heizkosteneinsparungen von 20% und mehr die Rede. Komplett integrierte Systeme (Stichwort Smart Grid) sind allerdings noch Zukunftsmusik. Bisher sind es eher „spielerische“, komfortsteigernde und sicherlich spannende Lösungen für den Endkunden, die am Markt erhältlich sind. Das intelligente und sich selbststeuernde IoT, das weltweit Geräte verbindet und unser Leben im besten Falle einfacher und ressourcenschonender macht, ist allerdings noch nicht da.

Was sind also die Probleme, die das IoT noch zurückhalten? Als Hemmnisse können momentan folgende Faktoren identifiziert werden:

  • Vereinheitlichung von Systemen (Standards, Stichwort „Lego“ der Systeme), z.B. RFID, Codierung, SIM-Karten, proprietäre Schnittstellen (www.iofthings.org )

  • Energieversorgung der Geräte, gerade im mobilen Bereich – Lösung ggf. Erzeugung am Gerät über kinetische, thermische Energie…

  • Längere Investitionszyklen als Software (Hardware, z.B. Smart Metering, Smart-Grids, Haushaltsgeräte, NFC-Durchdringung Smart Phones erst 5%,…)

  • Datenschutz und komplette Kontrolle – wem gehören die Daten und wie können sie überhaupt verarbeitet werden?

  • Plausibilität der M2M-Entscheidungen (z.B. Kühlschrank bestellt selbst – das Richtige? Auto ruft Werkstatt an – will der Kunde das?)

  • Ferner: Angst vor nanotechnologischen Gefahren: „from bio-medical hazards to robotic control“ (http://www.itu.int/osg/spu/publications/internetofthings/ )

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass viele der technischen Grundlagen für das IoT bereits geschaffen sind und sich einige Early Adopters (auf Unternehmens- und Kundenseite) der Thematik schon mehr oder weniger „spielerisch“ nähern. Eine breite Durchdringung des IoT wird vor allem von einer weiteren Vereinheitlichung und Vereinfachung der Standards abhängen und nicht zuletzt auch von der Klärung datenschutzrechtlicher Fragen, die im Zuge der Prism-Affäre gerade in letzter Zeit wieder hochgekocht sind. Es muss geklärt welche, was Maschinen selbst entscheiden dürfen, wer Zugriff auf die Daten hat und wie sich die Nutzer des IoT vor Datenklau und letztendlich sogar einer gewissen Entmündigung durch Entscheidungen ihrer Geräte schützen können.

Im Moment sieht es im Internet der Dinge also eher nach Evolution als Revolution aus. Kleine Unternehmen können ihre Chancen mit innovativen Technologien und offenen Systemen nutzen. Solche Start-ups haben dann sicher gute Chancen, schnell zu wachsen und ein interessantes Kaufobjekt für große Player zu werden. Denn bisher ist ein revolutionärer Player, ein nächstes „Google“ im Internet der Dinge, noch nicht in Sicht.

No Comments

Post A Comment